Wohlstand sichern, Standort stärken!

Die Wirtschaft kommt nicht in Fahrt. Gerade die Metall- und Elektro-Industrie (M+E) leidet unter der Wachstumsflaute und den Schwächen des Standorts Deutschland.

Fest steht: Hierzulande läuft etwas mächtig schief. Das zeigt schon der Blick ins Ausland. Alle Industrieländer weltweit sind 2024 wieder auf Wachstumskurs. In Deutschland aber wird praktisch Stillstand herrschen. Das sagen fast alle Experten – darunter der Internationale Währungsfonds IWF und die OECD. Das Schlagwort von der De-Industrialisierung macht bereits die Runde.

M+E, größter Industriezweig des Landes, liegt sogar wieder 14 Prozent unter dem Vorkrisenstand von 2018, die Aufträge sind im Sinkflug. Und schnelle Besserung ist nicht in Sicht. Dass die über 25.000 M+E-Betriebe mit ihren fast vier Millionen Beschäftigten Herausforderungen bewältigen können, beweisen sie immer wieder. Doch imweltweitenWettbewerbächzt M+E unter Wachstumsbremsen, die andere lösen müssen.

Bei Bürokratie und der hohen Steuerlast etwa ist die Politik gefordert. Oder die Arbeitskosten: Deren Entwicklung immerhin können die Tarifpartner mit beeinflussen. Ein wichtiger Test dafür ist die anlaufende M+E-Tarifrunde 2024.

Gemeinsames Ziel muss es sein, Wachstum und Wohlstand zu sichern, betont Gesamtmetall-Präsident Dr. Stefan Wolf: „Dafür müssen wir dringend den Standort stärken.“

Illustration: Petr Vaclavek – stock.adobe.com

„Wir müssen dringend den Standort stärken“

Interview mit Dr. Stefan Wolf, Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall

Herr Dr. Wolf, Sie haben kürzlich gesagt, die De-Industrialisierung habe begonnen. Sind Sie mit schuld daran, weil Sie die Lage nur schlechtreden?

Wer ist denn schuld, wenn der Keller schimmelt? Derjenige, der sagt, dass es reinregnet, oder derjenige, der vom Geld lieber in Urlaub gefahren ist, statt das Dach zu sanieren? Klar würde es den Verantwortlichen so passen, wenn sie von den Folgen ihrer früheren Entscheidungen so ablenken können. Die Partei des amtierenden Bundeskanzlers beispielsweise hat in den vergangenen 26 Jahren gerade einmal vier Jahre nicht mitregiert. Seit 2013 hat sie durchgehend die Arbeitsminister gestellt, außerdem auch zeitweise die Ressorts Familie, Umwelt, Wirtschaft, Justiz und Finanzen geleitet.

Die Drohung mit den Billiglohnländern ist wirklich nicht neu …

Tut mir leid, auch dieses Kleinreden ist fehl am Platz. Firmen gehen ja nicht in Low-Cost-Countries, sondern in die USA, nach Polen, nach Großbritannien, sogar in die Schweiz. Ich mache mir ernsthafte Sorgen, und vielen unserer Mitarbeiter geht das ebenso. Es sind eben nicht mehr nur die Entgelte, es sind auch die Steuern und Abgaben, die Arbeitszeiten, die Energiesicherheit und Energiepreise, die Schere zwischen Brutto und Netto, die Bürokratie, die Infrastruktur, die Bildung und, und, und. Unsere Unternehmen wollen gerne am Standort bleiben und mit ihren Beschäftigten zusammen den Strukturwandel meistern – aber sie müssen sich das auch leisten können.

Ist es Zufall, dass Sie das alles jetzt sagen, kurz vor der Tarifrunde 2024?

Wir sind uns in der Lagebeschreibung mit der IG Metall völlig einig, bei der Sorge vor einer De-Industrialisierung ebenso wie bei den dringend notwendigen Maßnahmen. Wir haben dazu im April sogar eine gemeinsame Erklärung veröffentlicht. Ohne einen wettbewerbsfähigen Standort haben wir nämlich nichts, worüber wir miteinander verhandeln können. Wir müssen dringend den Standort stärken.

Foto: Amin Akthar

Das muss dringend besser werden!

In Deutschland läuft strukturell einiges schief. Beschäftigte und Unternehmen leiden gleichermaßen darunter. Die größten Probleme – und was helfen würde, den Standort wieder zu stärken.

“Im Zuge der Transformation stehen viele Investitionsentscheidungen an. Immer häufiger werden diese gegen Deutschland getroffen – weil es hier sehr teuer ist und die Rahmenbedingungen sich seit Corona deutlich verschlechtert haben.”

Hans-Jörg Vollert, Geschäftsführender Gesellschafter, Vollert Anlagenbau GmbH, Weinsberg

Der Standort ist abgehängt

Das ist das Problem

Mittelfeld – so steht Deutschland etwa im Wettbewerbsfähigkeits-Index der Schweizer Wirtschaftshochschule IMD 2023 da: nur Rang 23 von 64 untersuchten Ländern. Besonders schlecht schneidet Deutschland in der Steuerpolitik (Platz 60) ab. Aber auch bei den Preisen (53) und der technologischen Infrastruktur (36) hapert es. Die Risiken dadurch sind erheblich: An der Wettbewerbsfähigkeit hängen Investitionsentscheidungen und Arbeitsplätze, Innovationen, Einkommen, Steuereinnahmen – und damit letztlich die Zukunft des Landes.

Das muss getan werden

Richtig ist, was Standort und Beschäftigung stärkt: Zentral sind niedrigere Energiekosten, attraktivere Investitionsbedingungen und der schnelle Ausbau der Infrastruktur.

Die Arbeitszeiten sind zu starr

Das ist das Problem

Unflexible Gesetze erschweren, dass die Arbeitszeit zum Leben passt. Elf Stunden Ruhezeit können die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verschlechtern – etwa, weil man sich abends nicht noch mal an den Schreibtisch setzen darf, obwohl man tagsüber privat weg musste. Und tägliche Höchstarbeitszeiten verhindern, dass Beschäftigte ihre Arbeit sinnvoll über die Woche verteilen: mal länger machen, wenn viel anliegt, und dafür anderntags kürzer. Auch das Arbeitsvolumen ist ein Standortnachteil. So kurz wie in Deutschland ist die Jahresarbeitszeit nirgends sonst: im Schnitt kaum 1.340 Stunden – gut 400 weniger als bei Wettbewerbern in Polen oder den USA.

Das muss getan werden

Stärkung der Vertrauensarbeitszeit, außerdem eine Wochen- statt einer Tageshöchstarbeitszeit. Ruhezeiten sollten mit Öffnungsklauseln flexibel geregelt werden.

Die Bürokratie lähmt das Land

Das ist das Problem

Bürokratie kostet Unternehmen rund 65 Milliarden Euro im Jahr. Berichtspflichten, Anträge, Genehmigungsverfahren machen Betrieben zu schaffen. 90 Prozent fühlen sich durch Bürokratie sehr stark belastet, berichtet das Mittelstands-Institut IfM in Bonn. Bei der Hälfte der Firmen führt das zu Gewinneinbußen, viele verzichten auf Investitionen, die Wettbewerbsfähigkeit leidet.

Das muss getan werden

Für jede neue Vorschrift muss eine entfallen. Der Normenkontrollrat fordert: 25 Prozent der Bürokratiekosten sollten bis 2028 gestrichen werden und Betroffene bei der Gesetzgebung mitreden.

M+E-Quiz

Wenig Netto

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Stichwort: M+E-QUIZ

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Spielregeln: Teilnahmeberechtigt sind alle Leser der M+E-Zeitung. Eine Teilnahme über Gewinnspielclubs oder sonstige gewerbliche Dienstleister ist ausgeschlossen. Die Gewinner werden unter allen richtigen Einsendungen ausgelost. Einsendeschluss ist der 9. August 2024. Es gilt das Datum des Poststempels. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

Fotos auf dieser Seite: Unternehmen/IW Medien

Viel Glück!

Die Frist zur Teilnahme am Gewinnspiel ist abgelaufen und eine Teilnahme daher nicht mehr möglich. Wir würden uns freuen, wenn Sie beim nächsten Mal wieder dabei sind und wünschen Ihnen viel Glück!