Die Unternehmen der M+E-Industrie kämpfen mit so vielen komplexen Problemen wie noch nie. Wegbrechende Aufträge, dramatisch gestiegene Kosten, Arbeitsplatzabbau: Vier Betroffene berichten von ihren größten Sorgen.
Fotos: Unternehmen
Ja. Aber nur, wenn wir jetzt zusammenhalten – und kurzfristig mit Einbußen leben. Noch nie gab es so viele Herausforderungen gleichzeitig für die Metall- und Elektro-Industrie (M+E-Industrie) wie gerade. Die Betriebe hatten ohnehin schon gestörte Lieferketten, enorm gestiegene Rohstoffpreise und den Strukturwandel zu bewältigen. Und das mitten in der Corona-Pandemie. Dann kam noch der Krieg in der Ukraine obendrauf: Die Preise für Strom und Gas explodieren, viele Aufträge rechnen sich nicht mehr, Deutschland steuert in die Rezession.
Nur wenigen M+E-Unternehmen geht es trotz Krise gut. Doch sehr viele, vor allem kleine und mittlere Betriebe, leiden. Besonders deutlich macht das eine Zahl: 44 Prozent der Unternehmen sehen sich angesichts der Entwicklungen sogar wirtschaftlich in ihrer Existenz gefährdet. Kurzarbeit, Arbeitsplatzabbau und Insolvenzen sind eine reale Gefahr. Dringend nötige Investitionen etwa in Digitalisierung und Fachkräftesicherung bleiben liegen. Dabei wurden seit 2018 nur 2,5 Prozent der Arbeitsplätze abgebaut, obwohl die Produktion um zehn Prozent sank. Das zeigt den großen Einsatz der Betriebe für ihre Beschäftigten.
Diesen wollen die Unternehmen auch fortsetzen. Ihnen ist bewusst, wie sehr die Preissteigerungen nicht nur bei Energie die Beschäftigten treffen. Doch niemandem ist geholfen, wenn die Löhne so stark steigen, dass die Betriebe dies nicht mehr stemmen können. Oder wenn Warnstreiks dazu führen, dass die Produktion noch mehr leidet. Jede Arbeitsstunde zählt in dieser Ausnahmesituation. Wenn M+E-Unternehmen und ihre Beschäftigten jetzt zusammenstehen, werden sie diese Krise bewältigen. Wie es in den Unternehmen aktuell aussieht – mehr dazu nachfolgend.
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Interview mit Dr. Stefan Wolf, 61. Er ist Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall und Vorstandschef des schwäbischen Automobilzulieferers ElringKlinger.
Herr Dr. Wolf, die Inflation liegt aktuell bei 10 Prozent. Müssen die Unternehmen die Einbußen der Mitarbeiter nicht ausgleichen?
Wir wissen, dass die Preisentwicklung unsere Mitarbeiter belastet. Aber die Unternehmen ebenso, und auch wir können die Preise nicht einfach so weitergeben. Die Inflation zu bekämpfen ist Sache von Politik und Zentralbanken, nicht der Arbeitgeber. Gleichzeitig ist die wirtschaftliche Lage vieler Unternehmen sehr schlecht. Die finanziellen Rücklagen sind seit der Rezession 2019 und dem Ausbruch von Corona 2020 aufgebraucht. In dieser schwierigen Situation kommt es vor allem darauf an, dass wir zusammenstehen, dass wir die Unternehmen und damit auch die Arbeitsplätze sichern.
Mit welchen Herausforderungen haben die Unternehmen zu kämpfen?
Wir erleben gerade eine Häufung von Problemen, wie es sie zuvor noch nicht gegeben hat. Die noch immer gestörten Lieferketten, stark gestiegene Material- und Rohstoffpreise und jetzt die Energiekrise. Alleine die M+E-Unternehmen zahlen dieses Jahr rund 30 Milliarden Euro mehr für Strom und Gas als 2021. Geld, das eigentlich für Investitionen und den Strukturwandel gedacht war. Das können einige Unternehmen noch aushalten, aber es gibt auch schon erste Insolvenzen.
Worauf kommt es in der Tarifrunde an?
Die wirtschaftliche Lage in den nächsten Monaten und Jahren kann kaum vorhergesagt werden, das müssen wir bei den laufenden Verhandlungen berücksichtigen. Wir werden gemeinsam nach Lösungen suchen, wie mit dieser schwierigen Situation umzugehen ist. Am Ende muss ein Tarifabschluss stehen, der für beide Seiten tragfähig ist. Ich weiß nicht, wie der aussehen wird. Aber wir haben noch immer eine Lösung gefunden, und ich bin überzeugt: Wir kommen nur zusammen nach vorn!
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„Ich mache mir große Sorgen um den Auftragseingang in den nächsten zwei Jahren. Ein Teil der Kunden verschiebt aufgrund der hohen Energiekosten schon Projekte, zum Beispiel in der holzverarbeitenden Industrie. Und ich fürchte, dass noch viele folgen werden. Das ist für uns ein Riesenproblem. Wenn wir keine Arbeit haben, müssen wir in Kurzarbeit gehen und uns über die Arbeitsplätze Gedanken machen. Die Unsicherheit ist maximal groß.“
Hans-Jörg Vollert, Geschäftsführender Gesellschafter Vollert Anlagenbau GmbH, Weinsberg, 260 Mitarbeiter, Maschinen- und Anlagenbauer
„2021 habe ich 5 Cent pro Kilowattstunde Strom gezahlt, ohne Umlagen und Steuern. Aktuell sind es 55 Cent - also elf Mal so viel. Auch unsere Lieferanten haben natürlich ihre Preise erhöht. Diese massiv gestiegenen Kosten müssten wir eigentlich auf unsere Produkte umlegen. Aber ich fürchte, dass die Kunden sagen werden: Dann kaufen wir weniger oder woanders. Es ist ein Irrglaube, dass sie einfach höhere Preise zahlen. Ich mache mir große Sorgen, dass wir deshalb Aufträge verlieren könnten.“
Cliff Börner, Betriebsleiter FMT (Fertigung Marksuhl Thüringen) Produktions-GmbH & Co. KG, Gerstungen, OT Marksuhl, 80 Mitarbeiter, Hersteller von Datennetzwerkkomponenten
„Aktuell haben wir 287 Mitarbeiter, komplett tarifgebunden. Aber angesichts der Dramatik gerade befürchten wir, dass wir mittelfristig Arbeitsplätze abbauen müssen. Unsere Kosten steigen so stark, dass wir unsere Gussprodukte 2023 wohl um 40 Prozent verteuern müssen. Haupttreiber sind die Stromkosten. Ob die Kunden das zahlen, ist völlig offen. Wir befürchten, dass viele von ihnen abwandern. In Ländern wie China, Indien und der Türkei könnten sie deutlich günstiger produzieren.“
Reinhard Tweer, Geschäftsführer Reinhard Tweer GmbH, Bielefeld, 287 Mitarbeiter, Gießerei, Produktion von Stahlguss und Sphäroguss
„Es ist derzeit nicht absehbar, was in den nächsten Monaten auf uns zukommt. Ein großes Risiko sind Auftragsstornierungen oder Verzögerungen aufgrund weiterhin steigender Beschaffungs- und Energiekosten, welche auch unsere Kunden betreffen können. Sollte die Gasversorgung eingeschränkt werden oder ganz wegbrechen, könnten weite Teile der Fertigung nicht aufrechterhalten werden. In Zeiten so großer Unsicherheit sind stark steigende Arbeitskosten nicht vertretbar.“
Michael Rünz, CEO Deloro Group und Geschäftsführer Deloro Wear Solutions GmbH, rund 300 Mitarbeiter am Standort Koblenz, Hersteller von verschleißfesten Metallkomponenten
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Stichwort: M+E-QUIZ
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Spielregeln: Teilnahmeberechtigt sind alle Leser der M+E-Zeitung. Eine Teilnahme über Gewinnspielklubs oder sonstige gewerbliche Dienstleister ist ausgeschlossen. Die Gewinner werden unter allen richtigen Einsendungen ausgelost. Einsendeschluss ist der 25. November 2022. Es gilt das Datum des Poststempels. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.