Gemeinsam Zukunft sichern

Die Metall- und Elektro-Industrie steckt wegen Corona in der tiefsten Krise der Nachkriegszeit – und das mitten im Strukturwandel, der Betriebe und Mitarbeiter ohnehin in Atem hält. Die Produktion lag im September immer noch um mehr als 20 Prozent unter dem Niveau von 2018. Viele Betriebe werden Jahre brauchen, bis sie wieder den Normalzustand erreicht haben. Trotzdem tun sie alles, um die Arbeitsplätze zu halten. Für die laufende Tarifrunde heißt das: Jetzt kommt es ganz besonders darauf an, zusammen anzupacken – für den heimischen Standort, für Beschäftigung. Tarifpartner, Betriebe und Mitarbeiter haben schon oft bewiesen: Gemeinsam können wir Krisen meistern. Worüber jetzt geredet werden muss, ist Thema dieser M+E-Zeitung.

„Unternehmen nicht überfordern“

Interview mit Dr. Stefan Wolf. Der 59-Jährige ist seit 26. November 2020 Präsident des Arbeit­geber­verbandes Gesamtmetall. Der Vorstandschef des schwäbischen Automobilzulieferers ElringKlinger war zuvor Vorsitzender von ­Südwestmetall.

Sie sind seit Ende November neuer Gesamtmetall-Präsident. Wo wollen Sie in den kommenden Jahren Ihre Schwerpunkte setzen?

Unsere Industrie ist, wie auch unsere Gesellschaft insgesamt, im Umbruch und steht vor großen Veränderungen. Dazu kamen in 2019 eine Rezession und in 2020 die Auswirkungen der Corona-Pandemie. Das alles müssen wir bewältigen. Wir brauchen auch in Zukunft attraktive Arbeitsplätze in der Metall- und Elektro-Industrie. Und dafür müssen wir den Standort Deutschland für die Unternehmen wieder attraktiver machen, damit Innovationen und Produkte von morgen auch hier entstehen. Das ist eine gemeinsame Aufgabe von Arbeitgebern, Beschäftigten und Gewerkschaften. Und dafür werde ich mich mit voller Kraft einsetzen.

Die wirtschaftliche Lage in der M+E-Industrie ist sehr angespannt. Was muss jetzt getan werden?

Oberstes Ziel der Unternehmen ist es, ihre Beschäftigten zu halten. Entlassungen gab es trotz der schwierigen Lage relativ wenige. Stattdessen haben viele M+E-Unternehmen auf Kurzarbeit gesetzt. Knapp ein Fünftel aller M+E-Beschäftigten ist aktuell noch in Kurzarbeit. Das zeigt eindrucksvoll, dass die Unternehmen ihre Beschäftigten so lange wie möglich an Bord halten wollen. Aber: Die Unternehmen dürfen in dieser wirklich angespannten Situation nicht überfordert werden. Die Tarifpolitik darf nicht nur in guten Zeiten die Lage widerspiegeln, sondern muss das auch in schlechten Zeiten tun.

Was heißt das für die Tarifrunde?

Wir brauchen realistische Erwartungen – auf beiden Seiten. Die M+E-Produktion wird 2020 um rund 17 Prozent unter dem Vorkrisenniveau liegen. Das bedeutet dramatische Umsatzeinbußen für viele Unternehmen. Es gibt mindestens im kommenden Jahr keinen Verteilungsspielraum. Zudem brauchen wir tarifliche Lösungen, um der unterschiedlichen Lage der Unternehmen gerecht zu werden – automatisch, nach klar definierten, objektiven Kriterien.

Worüber wir reden müssen

Arbeitszeit
„Die Vier-Tage-Woche kann eine Antwort sein, um auf lange Sicht Beschäftigung zu sichern. Denn die digitale und ökologische Transformation wird Jahre dauern, unabhängig von der wirtschaftlichen Lage der Betriebe.“

Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender der IG Metall, 9. November 2020

 

Entgelt
Das Forderungspaket beinhaltet „ein Volumen von vier Prozent, das zur Stärkung der Entgelte und Ausbildungsvergütungen sowie zur Finanzierung von Maßnahmen zur Beschäftigungssicherung eingesetzt werden kann“.

Aus dem Forderungsbeschluss des IG-Metall-Vorstands, 26. November 2020

Wirtschaftliche Lage
Schon 2019 war ein Krisenjahr in der M+E-Industrie. Corona allein ist also nicht an allem Schuld. Die Pandemie und der Strukturwandel bremsen jetzt die Erholung. Es kann Jahre dauern, bis M+E wieder den Normalzustand erreicht. Selbst dann bleiben hausgemachte Probleme: Das größte sind die seit Jahren steigenden Arbeitskosten. Sie drücken massiv auf unsere Wettbewerbskraft.

Jede ist anders
M+E, das sind 14 Branchen mit über 25.000 Unternehmen. Und die wirtschaftliche Lage unterscheidet sich von Branche zu Branche und von Betrieb zu Betrieb. Am stärksten erholt hat sich zuletzt zwar die Automobilindustrie. Dort waren die Corona-Einbrüche aber auch besonders groß. Das Niveau von vor dem Lockdown ist weit entfernt.

Jobs sichern
Die M+E-Betriebe sind vor allem wegen Corona schlecht ausgelastet. Vorübergehend hilft dann die Kurzarbeit, Jobs zu sichern. Langfristig entscheidend für die Arbeitsplätze ist aber, dass der Strukturwandel durch Elektromobilität und Digitalisierung gelingt. Einige Tätigkeiten werden wegfallen. Entscheidend ist, dass neue Arbeitsplätze entstehen – wie das in jedem Wandel geschehen ist.

Verdienter Lohn
Bei den Verdiensten liegt M+E weltweit an der Spitze – bei den Arbeitszeiten eher am Ende der Skala. Zusammen ergeben sich Kosten pro Stunde, die immer weniger Kunden bezahlen wollen. Das gilt erst recht in der Krise. Spielraum für mehr Geld gibt es also erst, wenn der Einbruch aufgeholt und der Normalzustand wieder erreicht ist.

Fakt ist ...

Jobs erhalten. Beschäftigung sichern, neue Jobs schaffen – das geht auch in der digitalen und ökologischen Transformation nur mit Erfolg am Markt, nicht durch kürzere Arbeitszeiten. Dazu braucht die M+E-Industrie die besten Produkte, kurze Lieferzeiten, erstklassigen Service, engagiertes Verkaufspersonal. Und – was immer wichtiger wird – einen wettbewerbsfähigen Preis.

Entgelt stärken, Kaufkraft stärken. Ob jemand eine größere Anschaffung tätigt, hängt nicht nur davon ab, wie viel Geld er verdient. Ganz entscheidend für die M+E-Beschäftigten ist, dass sie halbwegs sicher sind, auch übermorgen noch ihren Arbeitsplatz zu haben. Damit das so bleibt, kommt es allein darauf an, dass genug Kunden Produkte unserer M+E-Industrie kaufen.

Kunden überzeugen. Es wird schwerer, nach der Krise Kunden zu gewinnen. Gute Qualität liefern kann die Konkurrenz auch. Die M+E-Betriebe müssen also genauso beim Preis wettbewerbsfähig sein.

Alle mitnehmen. Ein Tarifvertrag muss der unterschiedlichen wirtschaftlichen Lage in den M+E-Betrieben gerecht werden (Differenzierung). Gelingen kann das, wenn bestimmte Kennzahlen festgeschrieben sind: Liegt ein Betrieb darüber oder darunter, kann er beim Entgelt vom Tarifvertrag abweichen. Solche objektiven Kriterien würden alle Beteiligten vor Willkür schützen.

 

M+E-Mitarbeiter verdienen gut

Die Entgelte der Mitarbeiter in der Metall- und Elektro-Industrie (M+E) sind in den letzten zehn Jahren um rund 30 Prozent gestiegen – auf heute im Bundesschnitt rund 60.000 Euro pro Jahr. Das ist weit mehr als in anderen Industriezweigen, auch weltweit. Azubis und Ungelernte bezahlen die M+E-Unternehmen ebenfalls deutlich besser als im Industriedurchschnitt.

 

Betriebe im Stresstest

Die Arbeitszeit in schwierigen Zeiten abzusenken - das ermöglichen die M+E-Tarifverträge seit 1994. Dabei gilt: weniger Arbeit gleich weniger Lohn. So werden gefährdete Jobs nicht auch noch teurer. Ein Lohnausgleich wäre außerdem ungerecht gegenüber den Kollegen, die ihre Arbeitszeit nicht senken: Sie hätten dann einen niedrigeren Stundenlohn.

 

Im Zeichen der Krise

Die Metall- und Elektro-Industrie steckt im Tief – das hat Folgen für Umsätze, Arbeits- und Ausbildungsplätze. Wann es wieder normal läuft? Ungewiss. Die Ergebnisse einer Gesamtmetall-Umfrage bei über 1.800 Unternehmen der Metall- und Elektro-Industrie vom Oktober 2020.

Quiz


Die Krise hat die M+E-Industrie getroffen, besonders heftig die Autobauer. Um wie viel Prozent ist deren Produktion 2020 bislang eingebrochen? Nennen Sie uns den richtigen Wert und gewinnen Sie einen der nebenstehenden Preise.

Gewinnen Sie einen unserer drei Hauptgewinne: Infrarot-Heizgeräte. Oder einen von fünf großen Zauberkästen für die ganze Familie.

Viel Glück!

 

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Stichwort: M+E-QUIZ
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